Im Vereinsheim der Leichtathletik-Abteilung des SV Sonsbeck steht Werner Riedel mit strahlenden Augen vor der Wand, die gespickt ist mit gerahmten Bildern. Bilder, die von den zahlreichen Erfolgen zeugen, die die Sonsbecker Leichtathleten in ihrer 50-jährigen Geschichte feiern durften. Riedel hat viele von ihnen live erlebt, denn der Leichtathletik-Abteilungsleiter des Vereins ist ein Urgestein der Abteilung, ist seit mehr als 40 Jahren mit von der Partie, hat wie kaum ein Zweiter die Erfolgs-Geschichte der Leichtathletik in Sonsbeck geprägt.
Sonsbeck lebt die Liebe zur Leichtathletik
Sonsbeck Seit 50 Jahren ist die von Erich Nabbefeld gegründete Abteilung eine feste Größe beim SV Sonsbeck. Sie hat den Verein mit vielen Erfolgen auf nationaler und internationaler Ebene weit über die Grenzen der Gemeinde bekannt gemacht.
1977 kam der gebürtige Allgäuer als Trainer zum SVS. Damals war die Abteilung gerade einmal sechs Jahre alt. Erich Nabbefeld hatte sie 1971 aus der Taufe gehoben. Erst 30 Jahre später gab das Ehrenmitglied des SV Sonsbeck, das früher selbst ein erfolgreicher Mittel- und Langstreckler war und 2005 das Bundesverdienstkreutz verliehen bekam, den Vorsitz der Abteilung an Riedel weiter. Auch und vor allem Nabbefelds Wirken ist es zu verdanken, dass die Leichtathletik-Abteilung so schnell aufblühte, weil er immer wieder Talente erkannte, sie förderte und zu Erfolgen führte, die weit über die Grenzen Sonsbecks hinausgingen.
Heute ist Nabbefeld immer noch für den SV Sonsbeck aktiv – als Ansager beim Sonsbecker Brunnenlauf und beim Frühjahrswaldlauf. Beide Veranstaltungen, die sich in der Region großer Beliebtheit erfreuen, hat der Abteilungsgründer selbst ins Leben gerufen – 1986 den Brunnenlauf, ein Jahr darauf den Frühjahrswaldlauf.
Doch was zeichnet diese vergleichweise kleine Abteilung aus dem eher beschaulichen Sonsbeck aus, dass sie sich immer wieder mit den großen Klubs des Landes messen kann? Die SVS-Athleten wirken da manchmal so wie das kleine gallische Dorf, der Heimat von Asterix und Obelix, das sich immer wieder erfolgreich gegen die römische Übermacht stemmt. „Man braucht echte Typen als Trainer, ein funktionierendes Team im Vorstand und Familien, die mitspielen müssen“, nennt Riedel einige Gründe. Und er geht dann noch ins Detail: „Nicht groß nachdenken, sondern machen. Man braucht ein Gespür für die Kinder. Außerdem ist viel persönlicher Einsatz erforderlich.“
Die Zahlen, die Riedel nennt, belegen das Engagement. 50 Wochen im Jahr steht er für das Training zur Verfügung, an 35 Wochenenden begleitet er Sonsbecker Leichtathleten zu Wettkämpfen. „Ich kenne mittlerweile fast jede Stadt in Deutschland, bin Vater, Großvater, Lehrer und Psychologe“, sagt der 68-Jährige. Und die Erfolge, die der SVS über fünf Jahrzehnte vorweisen kann, steigern natürlich auch den Stellenwert des SV Sonsbeck. Eltern wissen, dass ihre Kinder in der Leichtathletik-Abteilung des SVS gut aufgehoben sind. Auch der Leichtahletik-Verband Nordrhein erkannte schnell, welch gute Arbeit beim SVS geleistet wird. Er machte Sonsbeck 1985 zum Landesleistungsstützpunkt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der SV Sonsbeck auf nationaler Ebene schon einige Male für Furore gesorgt. Beispielsweise durch Elisabeth Franzis, die 1978 bei der Deutschen Cross-Meisterschaft den ersten DM-Titel für den SVS holte. Acht weitere Erfolge bei Deutschen Meisterschaften sollten für Franzis folgen.
Insgesamt sind es bis heute 20 nationale Titel und weitere 50 Podestplätze bei Deutschen Meisterschaften, die Sonsbecker Athleten für sich verbuchten. Zehn Teilnahmen an internationalen Titelkämpfen kamen hinzu. Da gerät Riedel wieder ins Schwärmen, wenn er auf die Bildergalerie schaut. Er erinnert an Nadine Jacobs, die sich 2003 für die U-18-Weltmeisterschaft im kanadischen Sherbrooke qualifizierte und dort über 100 Meter Hürden einen hervorragenden achten Platz belegte. Oder an Laura Hansen, die 2008 nicht nur Deutsche Meisterin der weiblichen Jugend A über 400 Meter Hürden wurde, sondern bei der WM im polnischen Bydgoszcz über die selbe Distanz in 57,46 Sekunden Rang fünf erreichte und damit beste Europäerin war.
Eines der ganz großen Jahre des SV Sonsbeck gab es dann 2014. Vor allem für Werner Riedel, Trainer des U-16-Siebenkampf-Teams um Sonja Martens, Judith Martens und Lea Halmans. Das Trio holte sich bei der Deutschen Mehrkampf-Meisterschaft in Filderstadt den Titel und ließ dabei große Klubs wie Neubrandenburg, Halle, Berlin und Frankfurt hinter sich. „Ein Erfolg, auf den ich 37 Jahre gewartet habe“, sagt Riedel. Damit nicht genug: In der selben Besetzung holte sich der SVS bei der Landes-Merkampfmeisterschaft in Wesel auch mit 11529 Punkten den Deutschen Rekord – einmalig in der Sonsbecker Vereinsgeschichte und eine bis heute ungebrochene Marke.
Elisabeth Franzis holte 1978 den ersten DM-Titel für den SV Sonsbeck. Foto: KN
Mit Lea Halmans feierte Riedel noch weitere Erfolge. Herauszuheben ist hierbei ihr achter Platz bei der U-18-Europameisterschaft in Tiflis (Georgien), den sie im Hochsprung erreichte. Jüngstes Aushängeschild des SVS war dann die von Rene Niersmann trainierte Rahel Brömmel, die unter anderem beim U 18 European Youth Olympic Festival in Baku (Aserbaidschan) Fünfte über 3000 Meter wurde.
Selbst in der Corona-Krise ließen sich die Sonsbecker Leichtathleten nicht beirren, auch wenn sie – wie viele Sportvereine – unter den Einschränkungen zu leiden hatten. Sie organisierten im Juli des vergangenen Jahres das Trackmeeting, das gleich bei seiner Premiere ein großer Erfolg wurde. Ein hochklassiges Teilnehmerfeld versammelte sich im Willy-Lemkens-Sportpark und sorgte gleich reihenweise für deutsche und sogar europäische Jahresbestzeiten.
Und auch die Tatsache, dass die Deutsche Cross-Meisterschaft, die der SVS am 6. März ausrichten wollte, abgesagt werden musste, bringt die Verantwortlichen nicht aus dem Konzept. „Falls es auch mit der Verschiebung in den Herbst nicht klappt, werden wir uns eben in den Jahren darauf erneut bewerben“, sagt Werner Riedel.
Bis dahin werden er und seine Mitstreiter sich weiter mit großer Leidenschaft für die Leichtathletik in Sonsbeck engagieren. „Wir haben eine tolle Truppe. Da macht es einfach Spaß, egal, wieviele Stunden dafür draufgehen“, sagt er.